Ob Idole einen Sinn haben
von Sayeda
Weshalb man zumindest am Anfang Vorbilder braucht

Erster Blick auf uns selbst
Kinder lernen hauptsächlich durch Vorbilder, d. h. durch Nachahmung. Ohne, dass die Eltern viel leisten müssen, beginnen sie irgendwann mit den ersten Schritten und damit, die ersten Wörter zu sprechen. Dabei hat das Thema Vorbild vor allem eine funktionale Rolle, damit das Kind sich als Mensch genügend entwickeln kann. Irgendwann kommen sie dann mit einem weitläufigeren Umfeld in Berührung und beginnen zu beobachten und zu vergleichen. Mit zunehmendem Alter und damit weiteren einhergehenden Interessen, wie Musik, Sport oder Filme suchen sie sich dann einen entsprechenden Sänger, oder eine Schauspielerin oder auch einfach einen Helden aus einem Roman aus und möchten dem nacheifern. Sie blicken mit Bewunderung zu diesen in ihren Augen erfolgreichen Persönlichkeiten auf und träumen davon, es ihnen gleich zu tun.
Der Grund dafür ist meiner Ansicht nach auch nicht schwer herauszufinden. Durch das Nacheifern und der Identifikation mit der Person oder auch mit der fiktiven Figur blicken wir zwangsläufig nach innen. Wir betrachten und bewerten unsere Interessen teilweise danach, ob sie uns auf eine bestimmte Art und Weise von Nutzen sein kann und Menschen zu erleben, die mit denselben Interessen erfolgreich sind, inspirieren uns. Gleichzeitig setzen wir uns dabei auch mit unseren Eigenschaften auseinander und entwickeln dabei vielleicht auch die Motivation, selber aktiv zu werden und etwas Erfolgreiches auf die Beine zu stellen.
Als junge Erwachsene werden wir dann meistens kritischer und auch zunehmend realistischer, was Vorbilder betrifft. Wir beginnen dann nicht nur, auch unsere ersten Vorbilder – unsere Eltern- zu hinterfragen und nicht selten auch zu kritisieren, sondern bewerten auch unsere Bewunderung für unsere ausgesuchten Idole neu. Das ist ein natürlicher Prozess, der zum erwachsen werden dazugehört. Schließlich haben sich bis dahin unsere Persönlichkeit und unsere Fähigkeiten bis zu einem gewissen Grad ausgebildet. Entweder geben wir unsere Vorbilder auf und ersetzen sie durch neue, oder nicht. Das ist individuell abhängig
Haben Idole denn überhaupt einen weiteren Sinn, außer dass sie uns inspirieren? Ich selbst hatte sehr lange überhaupt kein Vorbild, mit dem ich mich identifizieren konnte. Dabei habe ich weiß Gott wie viele Bücher gelesen, wie viele Musikrichtungen gehört und auch Filme gesehen. Die darin agierenden Persönlichkeiten oder auch die fiktiven Figuren hinterließen bei mir dabei durchaus einen starken Eindruck, aber sie weckten in mir nie den Wunsch, ihnen nachzueifern. Stattdessen habe ich darüber nachgedacht, ob ich diese Eigenschaften vielleicht schon habe und falls nicht, wie ich sie erreichen kann.
Genau das ist aus meiner Sicht ist der springende Punkt. Weshalb hören manche Menschen damit auf, einem Vorbild nachzueifern und weshalb machen andere damit weiter? Die schlichte Wahrheit ist: Wir schreiben Personen, die in den Medien als erfolgreich dargestellt werden, Eigenschaften zu, ohne zu wissen, ob sie sie tatsächlich besitzen. Der Erfolg in ihrem Spezialgebiet ist offensichtlich, aber vieles andere ist Illusion. Letztendlich sind auch erfolgreiche Menschen nichts anderes als Menschen mit ganz eigenen Unzulänglichkeiten und Baustellen. Unsere anfangs jugendliche Bewunderung verpufft angesichts der erwachsenen rationalen und kritischen Betrachtung. Es handelt sich lediglich um von uns geschaffene Projektionen, die aus einem Mangelempfinden in unserem Innern entstanden sind. Ganz unabhängig davon, dass die heutigen Celebrities kaum als gute Vorbilder taugen.
Den Blick nach innen richten
Anstatt Energie damit zu verschwenden, normale Menschen aufgrund ihres Erfolges auf ein Podest zu stellen und auf sie zu projizieren, sollte man sie mit kritischem Blick betrachten und versuchen festzustellen, ob sie einen zu sich selbst führen oder von sich weg.
Wie stellst du das an? Im Moment denke ich selber sehr häufig über eine Figur nach, die ich wohl als Vorbild bezeichnen würde, da sie auf mich eine sehrinspirierende Wirkung hat. Unorthodoxerweise handelt es sich dabei um eine fiktive Person aus der Science Fiction. Die Inspiration und Anregung besteht darin, dass sie meinen Blick nach innen richtet. Das bedeutet, sie bringt mich dazu, die Frage zu stellen, ob ich diese Eigenschaften, die ich an ihr bewundernswert finde, möglicherweise schon habe oder sie erst noch entwickeln muss. Falls ich sie noch nicht erlangt haben sollte, denke ich darüber nach, ob und wie ich sie entwickeln kann.
Dass man sich also als Kinder Vorbilder sucht, ist fast logisch, da sie der Entwicklung dient und zur ersten Auseinandersetzung mit sich selbst führt. Als erwachsener, rationaler Mensch mit einer weiter entwickelten Persönlichkeit sollten wir allerdings dazu in der Lage sein, zu unterscheiden zwischen einer Projektion und einer ernsthaften Auseinandersetzung mit uns selbst. Das eine ist pure Zeit- und Energieverschwendung, weil dabei nichts Konstruktives entstehen kann, während das andere dazu führt, dass wir in uns selbst Einblick gewinnen und kritisch über uns nachdenken. Nur so kommen wir ins Handeln und können etwas bewerkstelligen.
Wenn dir also ein Sänger, Schauspieler oder auch ein sogenannter spiritueller Meister (dieser Begriff ist meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen) zusagt, oder dich inspiriert, achte genau darauf, ob du etwas nach außen hin aus einer Wunschvorstellung heraus auf ihn oder sie projizierst oder ob sie dich dazu bringt, kritisch und ehrlich über dich selbst nachzudenken. Sollte ersteres der Fall sein, kannst du fast sicher davon ausgehen, dass du deine Lebenszeit vergeudest, während das zweite dafür sorgt, dass du dich weiter entwickelst, weil du auf dich schaust.
Ganz wichtig ist dabei: Ziehe keine Vergleiche über dein Leben und das scheinbar erfolgreicher Menschen. Das führt erstens zu nichts und zweitens weißt du einfach nicht genug über deren Leben Bescheid, um es wirklich stichhaltig beurteilen zu können. Das ist überhaupt nicht nötig.
Und wenn du keines brauchen solltest, umso besser, das bedeutet nur, dass du mit dir auf eine Art zufrieden sein kannst, wie es nur wenigen gelingt. Vielleicht ist es dann an der Zeit, dass du als Vorbild andere inspirierst!
Alles Liebe
Sayeda