Downsizing
von Gerald Helminger
Worauf kommt es wirklich an?

Ich proklamiere hier keinesfalls Besitzlosigkeit. Der Begriff „Downsizing“ geht ja davon aus, dass wir schon einen bestimmten Besitzstand erreicht haben, um überhaupt zurückschrauben zu können.
Ich rede über das Potential, das im Weglassen von unnützen Dingen schlummert. Ich rede von dem Tand, der sich letzten Endes in unseren Kellern türmt.
Was benötigst Du wirklich?
Zweifelsohne, gibt es viele Dinge, die nützlich sind und die uns das Leben erleichtern. Doch hier merkst Du bereits, dass die Grenzen zwischen nützlichen und unnützen Dingen fließend verlaufen.
Jeder Mensch hat hier seine eigene Definition von nützlich und unnütz. Genau darum geht es beim Downsizing. Es geht darum die Grenzen zu verschieben. Es geht darum wirklich herauszufinden, was nützlich und tatsächlich notwendig ist.
Kennst Du das: Da ist dieser Wunsch etwas unbedingt haben zu wollen. Doch kaum nennen wir das neue Spielzeug unser eigen, tritt die Ernüchterung ein und ein neues Projekt der Begierde nimmt von uns Besitz. Genau genommen, haben wir also unser Ziel, das wir mit dem Produktkauf verbunden haben, nicht erreicht.
Welchen Wert die ehemals so wichtigen Dinge tatsächlich haben, stellen wir spätestens dann fest, wenn sie nach einigen Jahren in unseren Keller oder auf den Recyclinghof wandern. Je schneller dieser Zyklus stattfindet, desto unsinniger war der Kauf.
Und viele dieser Dinge, stehlen uns auch noch die Zeit. Zeit für die Überlegung, ob man das Produkt benötigt oder nicht. Zeit für die Auswahl, des scheinbar besten Produktes für unsere Bedürfnisse. Zeit für den tatsächlichen Kauf. Zeit um das Produkt zu nutzen. Zeit um es zu pflegen und Zeit um es letzten Endes wieder zu entsorgen.
Wenn Zeit ein Minimumfaktor in Deinem Leben ist, dann denke einmal kurz darüber nach, ob es Objekte in Deinem Leben gibt, die dem hier gesagten entsprechen.
Normalerweise wollen wir mit dem Kauf von Produkten unser Leben verbessern. Wir denken, dass sich unser Dasein lebenswerter gestaltet, wenn wir uns einen langgehegten Wunsch erfüllen.
Letzten Endes versuchen wir uns etwas Gutes zu tun.
Konsumrausch hat Menschen in die Schuldenspirale getrieben
Die Welt titelte 2014: „Konsumrausch hat Menschen in die Schuldenspirale getrieben“.
Das bringt es auf den Punkt. Es ist wie ein Rausch. Der Mensch erhofft sich vom Rausch normalerweise eine Erleichterung in seinem Leben – und sei es nur um zu vergessen.
Das Gleiche gilt für den Konsumrausch.
Ich wage die folgende Tendenz-Aussage: Je weniger in unserem Leben stimmig ist, je weniger Halt wir haben, je weniger wir wissen, für welche Werte wir stehen und wer wir sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir diesem Konsumrausch anheimfallen.
Fast jeder 10. Bürger in Deutschland gilt heute als überschuldet. 10% der Bundesbürger sind also so stark verschuldet, dass sie in absehbarer Zeit diese Schulden nicht bedienen können.
Das ist symptomatisch und es gilt auch für die Staaten, in denen wir alle leben.
Wer heute nicht begreift, dass wir auf dem Holzweg sind, muss schon mit Blindheit geschlagen sein.
Die Mär vom endlosen Wachstum
Ein System, das in einer endlichen Welt auf unendliches Wachstum setzt, kann nur ein Irrer proklamieren.
Das System ist weder gut für den Menschen, noch für die Umwelt. Es macht uns alle kaputt.
Und wir sehen es an allen Ecken und Enden.
Staaten hängen am Finanz-Tropf des IWF und der Weltbank.
Menschen geraten in Abhängigkeit von Banken und auch die Umwelt macht unser Vabanqespiel nicht mehr lange mit.
Da nützt es nichts, die anderen für die Misere verantwortlich zu machen.
Wir alle haben günstigen Atomstrom konsumiert. Ganz egal, ob wir dafür waren oder nicht.
Wir alle haben über unsere Verhältnisse gelebt und Dinge gekauft, die wir nicht wirklich benötigen.
Und wir alle sollten nun umdenken, in dem wir unsere Macht als Verbraucher endlich begreifen.
Du und ich haben es in der Hand, was wir kaufen. Wir haben die Möglichkeit jeden Tag aufs Neue abzustimmen, welche Hersteller unser Vertrauen zu Recht verdienen.
Der Raubbau an unserer Umwelt hat viel mit unserem Streben nach Mehr zu tun.
Mehr noch, er hat mit unserer inneren Leere zu tun.
Wenn wir uns selbst genügen würden, wenn wir tatsächlich inneren Frieden in uns tragen würden, wäre meines Erachtens ein sinnvolleres Konsumverhalten damit einhergehen.
Downsizing heißt auf die Dinge zu verzichten, die unser Leben nur scheinbar erleichtern. Dinge, die uns letzten Endes Freiheit nehmen, nicht Freiheit schenken.
Überprüfe in den nächsten Wochen doch einfach einmal, was Du wirklich benötigst. Auch dann, wenn Du es Dir einfach leisten könntest.
Auf diese Weise hilft Downsizing, die Welt zu verändern. So einfach ist aktiver Umwelt- und Klimaschutz. So einfach ist es, mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu haben, um wirklich wichtige Dinge im Leben zu verfolgen.
Ich hatte vor kurzem den Krimi-Autor Joe Fischler zum Video-Interview bei mir. Ein Mensch, der seine Berufung lebt. Meine Frage, ob sich seine materiellen Bedürfnisse durch das „Mehr“ an Sinnhaftigkeit in seinem Leben verändert hätten bejahte er. Für ihn spielt das „Graffl“, wie er es auf gut Tirolerisch nannte, keine Rolle mehr und das ist ein Prozess, den ich häufig bei meinen Klienten beobachten darf.
Je mehr Du das machst, was Deiner Bestimmung entspricht, desto weniger sind Ersatzbefriedigungen notwendig.
Ich wünsche Dir viel Spaß beim Downsizing!
Dein Gerald.